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Die Auferstehungskirche Weddinghofen wurde 1954 erbaut, zunächst als Kirche eines Bezirkes der Kirchengemeinde Methler. Seit 1971 gehört Weddingofen zur Friedenskirchengemeinde Bergkamen. Der Kirchbau erinnert in seiner Form an ein Ei. Der damalige Superintenden und Altpräses Alfred Buß schriebt in de Festschrift zum 50jährigen Bestehen der Kirche: „Mit dem Ei als Symbol der Auferstehung wird die nicht leicht verstehbare Osterbotschaft, die der Kirche den Namen gegeben hat, schon Kindern einsichtig. Diese die tödlichen Grenzen des Lebens sprengende Botschaft ist in Weddinghofen seit 50 Jahren in Stein und Glas gesetzt.“ Innen findet sich ein Taufstein von Carl-Ernst Kürten, eine Raupach-Orgel und ein Chorfenster "Das himmlischen Jerusalem" von Heinz Lilienthal. Eine Barbara aus Kohle für die Barbarafeiern sowie das Kreuz der Benediktinerabtei aus Meschede erinnern bis heute an die Bergbautradition des Ortes.

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Archiv

14. Dezember 2010

Teilhaben am Überfluss der Anderen

Tafel Unna: Superintendentin Annette Muhr-Nelson half einen Vormittag lang UNNA-KÖNIGSBORN. In einer knappen Stunde werden vor dem Paul-Gerhardt-Haus hier an der Fliederstraße geschätzt 100 Besucher warten. "An die 100 kommen immer", schätzt Ulrike Trümper. Etwas nervös blickt sie auf ihre Uhr. Die Vorsitzende der "Tafel Unna e.V." ist im Stress. 50 Minuten noch, dann stehen sie hier wieder, die, die so wenig haben, dass es nicht zum Leben reicht, und die deshalb teilhaben (müssen) an dem Überfluss der anderen. An dem, was von den Geschäften hier im Kreis Unna sonst wohl weggeworfen würde. 50 Minuten noch. Bis zum Ansturm müssen die Königsborner Tafel-Helfer - alle ehrenamtlich oder im Ein-Euro-Job - gefühlte Gebirge frischer und allesamt gespendeter Lebensmittel sichten, sortieren und in Lieferwagen verladen. Kohlköpfe und Salatköpfe und Körnerbrote und Apfelsinen, Pakete mit Eiern und mit Milch und Dauerwürste und Chicorée... .  Draußen warten die Fahrer, die mit sieben Autos die Ausgabestellen im Kreis Unna anfahren. "In Schwerte bauen wir gerade eine Tafel-Ausgabe auf", schildert Ulrike Trümper. Wie sie das noch schaffen sollen mit der jetzt schon auf Kante genähten Personaldecke, nun ja, man muss es schaffen, wer sollte es sonst machen. "Wir sind aber einfach viel zu wenige. Nur 35 Mitarbeiter, und jetzt im Winter fallen viele aus, momentan sind sieben, acht Mitarbeiter krank." Heute fasst ersatzweise und nicht nur symbolisch die Superintendentin des Kirchenkreises Annette Muhr-Nelson an, die mit ihrer Sekretärin Susanne Vogel "heute nicht da ist, um uns ins Szene zu setzen. Sondern um zu schauen, wie es den Leuten hier geht, und mitzuhelfen." Viele politische Parteien, die sonst das ganze Jahr über kaum Notiz von der Tafel nehmen, entdecken ausgerechnet vor dem Fest der Liebe ihr Herz für Bedürftige und bestürmen Ulrike Trümper, ob man "nicht mal freitags bei der Suppenausgabe helfen und mit ausschöpfen" könnte.... Der Vorsitzenden gehen solche Anfragen inzwischen gewaltig gegen den Strich. Für Schau-Schöpfen am Suppentopf und womöglich noch vor dem bestellten Pressefotografen gibt sie ihren Verein nicht her. Sie weiß, welche Arbeit dahintersteckt. Die will sie nicht für Parteiwerbung zweckentfremden lassen. "Ein Mal im Jahr kennt man uns..." Die Kirchenkreischefin repräsentiert die stete Unterstützung der evangelischen Gemeinden für die Tafel, die (wie hier in Königsborn) in vielen Kommunen mietfrei Räume zur Verfügung stellen. "Sonst könnten wir die Versorgung nicht leisten", sagt Ulrike Trümper klar. Im Ausgabesaal des Paul-Gerhardt-Gemeindehauses kniet Annette Muhr-Nelson vor einer unsortierten Gemüsekiste. Erwartungsvoll blickt sie Rita Krolik an. Der "gute Geist" der Königsborner Tafel reicht ein Paar Plastikhandschuhe, sie selbst trägt auch welche, Hygiene muss sein. "Jetzt die Möhren in diese Kiste, den Wirsing in die andere. Was gammelig ist, kommt hier hinein", Rita hält einen grünen Eimer gekippt. "Den holt der Bauer." Zweifelnd rollt die Superintendentin eine angeschimmelte Apfelsine zwischen ihren behandschuhten Fingern; "so was geht gar nicht", bestätigt ihr denn auch Rita Krolik. Plumps, rollt die Gammelfrucht in den Schweineeimer. Das Gute kommt ins Töpfchen sprich die Holzkisten, die nach Haushaltsgröße sortiert bereit stehen: für Singles, bis zu fünf Personen und mehr als fünf. Spezielle Diabetikerkisten enthalten nichts Zuckriges, in Kisten für junge Familien kommt zusätzlich Babynahrung. Eben je nach Bedarf. Gut 300 Bedürftigen hier aus Königsborn dienen die wöchentlichen Lebensmittelrationen als Aufstockung, mitnichten will die Tafel Einkauf und Haushalten mit eigenem (schmalem) Geld ersetzen: "Wir sind kein Rundumversorger", stellt Ulrike Trümper klar. 520 Tonnen Lebensmittel schlägt die Tafel jährlich im Kreis Unna um, das ist immens. Das Geld muss ausschließlich über Spenden fließen. Allein 8.000 Euro Betriebskosten sind pro Monat zu decken. Ulrike Trümper leistet auch ihren Vorsitz unentgeltlich, sie ist jeden Tag kreisweit unterwegs. Ihren Lebensunterhalt bestreitet sie beim Drogen-Langzeitprojekt Lüsa "an den Wochenenden und in Nachtschichten" Klienten der Lüsa haben oftmals auch bei der Tafel mit Ein-Euro-Jobs wieder Lebenssinn gefunden. Der Hilfsverein schafft so wichtigen Mehrwert: "Die Lüsa-Leute hätten nirgendwo sonst eine Chance erhalten", weiß Ulrike Trümper aus langjähriger Erfahrung in der Drogenhilfe. Bei allen Problemen: "Die Bürger von Unna sind freigiebig und haben vor Weihnachten wieder viele Geschenke abgegeben", freut sich die Vorsitzende. Im "Weihnachtszimmer" türmen sich vor einem hübsch geschmückten Christbaum Hunderte von Paketen und Päckchen. Viele sind liebevoll verpackt, mit Sternen und Herzchen verziert; "Für einen Jungen, ca. drei Jahre", steht auf dem einen; "Für ein vier- bis fünfjähriges Mädchen". Vieles ist auch für Erwachsene, leider kaum etwas für ältere Kinder dabei: "Wir bräuchten Handys, MP3-Player…" Vermutlich wird noch eine zweite zweckgebundene Spendenaktion folgen, damit Kinder ab 12 Jahren wenigstens einen Gutschein geschenkt bekommen. Im Ausgabesaal bückt sich die Superintendentin zur sortierten Kiste und trägt die schwere Fracht bedachtsam zum Fahrer hinaus; der wartet schon mit laufendem Motor. Vor dem Gemeindehaus warten erste zögerliche Besucher. Bedürftig. Silvia Rinke