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Pauluskirche Kamen: Von der romanischen Vorgängerkirche vom zwölften Jahrhundert ist noch der wuchtige Westturm mit seinem geneigten Helm erhalten - der "schiefe Turm" ist weithin erkennbares Wahrzeichen der Stadt. Der heutige stattliche, klassizistische Saalbau mit eingezogenem 5/8 Chor wurde von 1844 bis 1849 nach den Plänen des Baurates Buchholz aus Soest errichtet. Im Innenraum tragen verkleidete Pfeiler drei Emporen, die auch den Balkenunterzug der flachen Holzdecke und den Dachstuhl stützen. Die Holzdecke wurde 1897 in drei Felder aufgeteilt und neu verbrettert

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27. April 2010

Gott tritt auf die Bremse

Bikergottesdienst vor der Stadtkirche   UNNA.      "Frisch ist' s schon", meint Biker Detlef Kruse und zieht sich feixend seine dicke Kutte fester um die Schultern. Derart luftdicht-ledern eingewickelt ist der Pfarrer nicht. "Saukalt ist' s!", schimpft Pfarrer Jörg Uwe Pehle deshalb und muss dessen ungeachtet lachen - was bleibt ihm an diesem gefühlt winterlichen Aprilsonntagmorgen übrig als Galgenhumor. Der Altar ist auf dem zugigen Stadtkirchplatz liebevoll bereitet, die Gemeinde zum Gottesdienst stramm herbeigeröhrt. Jawohl, geröhrt, geknattert, je nach Alter des Vehikels oder gedröhnt auf schweren Maschine. Sie alle möchten sich den Segen von oben holen zum Start in die Motorradsaison, die in diesem Jahr buchstäblich zum Kaltstart wird. Ja, nickt Kruse, der Biker mit Bart in roter Kluft, das war nicht wirklich spaßig eben auf der Autobahn von Essen nach Unna. "Und gleich soll' s auch noch regnen." "Es regnet nicht!", mischt sich Pfarrer Pehle so entschlossen ein, als hätte er Petrus' Wasserhahn persönlich in der Hand. "Nicht vor drei!" Es regnet dann tatsächlich kaum während des knapp einstündigen Bikergottesdienstes, lediglich ein paar Tropfen klatschen unlustig auf die Gemeinde herab, während sich die Swingo Singer´s windumpfiffen auf der Bühne zitternd warmschnippen und -wippen und Pastor Pehle gegen den Brausewind ins Mikrofon dem Publikum entgegenruft: Er freue sich über den erneuten Zuspruch so vieler auf dem Bike! Und ja, oder besser nein, er fahre immer noch nicht selbst Motorrad! Texte und Lieder sind dem Publikum passgenau auf die Lederkluft geschnitten: Psalm 16 gibt´s als "Bikerpsalm" abgewandelt  - "Gott, Du gibst mir Speed für den Weg, der vor mir liegt! Du freust Dich mit mir, wenn ich Gas gebe... und es beruhigt mich auch ein wenig, wenn Du mit mir auf die Bremse trittst." Wilhelm Sommer lauscht mit ernstem Blick diesen Worten. Seit dem 18. Lebensjahr ohne schwerwiegenden Unfall seine Motorradlust und -leidenschaft leben zu dürfen, das ist schon wahrhaftig eine Gottesgabe, erklärt der Unnaer andächtig, "dafür will ich Gott heute danken." So kommt er denn auch mitnichten rein zum Spaß zu diesen besonderen Gottesdiensten, wenngleich die Geselligkeit Trumpf ist im Anschluss bei zünftig krossen Bratwürstchen. Nein, Wilhelm Sommer geht es auf seiner 38 Jahre alten Maschine heute ganz konkret darum, Gott für seinen jahrzehntelangen Schutz zu danken. Und gleichzeitig jenen zu gedenken, denen ihre Motorrad-Leidenschaft zum Verhängnis wurde.Silvia Rinke