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Die Johanneskirche in Frömern ist eine der ältesten Kirchen im Kirchenkreis: der Westturm stammt noch vom ersten nachweisbaren Kirchenbau aus romanischer Zeit (12. Jahrhundert). Um die Mitte des 13. Jahrhunderts erhielt die Turmhalle eine 60 cm starke Kuppel mit längsrechteckigem Grundriß. Bei der ursprünglichen romanischen Kirche handelte es sich um einen einschiffigen, zweijochigen Saalbau (7,88 x 12,76 Meter) mit halbrunder Apsis, wie man bei Grabungen während des Neubaus im 19. Jahrhundert feststellte. Die erhöht liegende Kirche war von einem Friedhof umgeben, der 1682 eine umlaufende Mauer besaß. Die Mauer und die meisten Grabsteine sind heute entfernt. Das Turmportal wurde 1876 beim Neubau vollständig erneuert. Nach dem Turmbrand 1761 bei der Schlacht von Vellinghausen wurde ein neuer spitzer 25,50 m hoher Turmhelm errichtet und die zwei über Eck gestellten Strebepfeiler hinzugefügt.

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01. September 2018

Andacht September: Wisse die Wege

Hildegard am Schreibpult, um 1220/1230, Biblioteca Statale in Lucca

Hildegard von Bingen

Wir feiern einen runden Geburtstag. Im Jahr 1818 wurde der Kirchenkreis Unna gegründet. Das nehmen wir zum Anlass, einen Blick auf weitere Jubiläen und Geburtstage zu werfen. Das können Personen, Erfindungen oder Ereignisse sein. Nicht immer sind es runde Jubiläen, aber immer stehen sie auch in einem Zusammenhang zu uns oder unserer Arbeit. Im September schauen wir fast eintausend Jahre zurück auf Hildegard von Bingen.

"Im Jahre 1141 der Menschwerdung Jesu Christi, als ich zweiundvierzig Jahre und sieben Monate alt war, sah ich ein überaus stark funkelndes Licht aus dem geöffneten Himmel kommen. Es durchströmte mein Gehirn, mein Herz und meine Brust ganz und gar, gleich einer Flamme, die jedoch nicht brennt, sondern erwärmt. Es erglühte mich so, wie die Sonne einen Gegenstand erwärmt, auf den sie ihre Strahlen ergießt. Und plötzlich hatte ich die Einsicht in den Sinn und die Auslegung des Psalters, des Evangeliums und der anderen Schriften des Alten und Neuen Testamentes."

Hildegard von Bingen werden viele Titel zugeschrieben: als Mystikerin wird sie bezeichnet, als Gelehrte ebenso, ihre Musik und ihr Wissen um Heilkunde sind bis heute überliefert, ihre (kirchen-)politische Streitbarkeit war bereits damals außergewöhnlich. Sie wirkt nach. Vor 920 Jahren wird sie geboren, der 17. September ist als ihr Todestag auch ihr Gedenktag.  Mit ihr verbinden wir heute noch alternative Lebensformen. Und das aus gutem Grund. Sie lebt in ihrer Welt des Mittelalters wirklich alternativ, als Frau erst recht. Sie berichtet von Visionen, die sie hat, in denen ihr die Weisheit Gottes offen gelegt wird. Sie legt sich mit Mächtigen an und ist interessiert an Schöpfung und Natur. Ihr großes Werk nennt sie: „Wisse die Wege“ – ungewöhnlich für jemand, die mit Mystik und Visionen in Verbindung gebracht wird. Mystik und Wissen – das sind ja eigentlich gegensätzliche Pole der Suche nach dem „Wahren“. Doch für Hildegard scheinen sie sich einander zu brauchen: das Wissen um die Vorgänge auf der Erde und die Offenheit für alles Verborgene und Unerklärliche scheinen erst Vollkommenheit zu ermöglichen. Wisse die Wege! – das heißt: Lass dich nicht für dumm verkaufen. Bilde deine eigene Meinung! Hab eine Haltung! Sei interessiert an der Welt!  Somit ist die Stimme der vor 920 Jahren geborene Kirchenlehrerin ein gutes Jahrtausend immer noch notwendig. Die Freude an Wahrheit und Wissen können wir heute gut gebrauchen. Und Offenheit für das, was wir nicht verstehen, ist kein Widerspruch und kein Lückenfüllen wissenschaftlicher Unerforschtheit. Es sind die Ehrfurcht und die Demut vor Gottes Schöpfung und mehr noch, letztlich der Glaube an die Liebe. Dieses Erbe ist von Hildegard bis heut geblieben. Zu Recht.

Diakon Dietrich Schneider
 

Hildegard wurde als zehnte Tochter des rheinfränkischen Edelfreien Hildebert von Bermersheim-Alzey und seiner Frau Mechthild geboren. Schon als kränkliches Kind hatte sie Visionen; sie behielt diese prophetische Gabe, Vorauszusehen und Gegenwärtiges im Blick auf die Zukunft richtig zu deuten, ihr Leben lang. Hildegard wurde ab ihrem achten Lebensjahr bei ihrer Verwandten Jutta von Sponheim in deren Klause erzogen, aus der dann das Benediktinerinnenkloster Disibodenberg wuchs. Auch hier war Hildegard immer wieder krank, kaum fähig zum Gehen, oft auch durch Sehbehinderungen eingeschränkt. Nach Juttas Tod 1136 wurde Hildegard deren Nachfolgerin als Priorin, entschied aber, 1147/48 ihr eigenes Kloster über dem Grab von Rupert von Bingen zu gründen. (Quelle: Heiligenlexikon.de)